Die politischen Weichen sind gestellt: Mit den Zustimmungen von Bundestag und Bundesrat am 10. und 11. Juli 2025 ist das Gesetz zur Umsetzung der europäischen RED III-Richtlinie in deutsches Recht überführt worden. Damit verpflichtet sich Deutschland nicht nur zu einem Mindestanteil von 42,5 Prozent erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch bis 2030 – sondern erhöht die nationale Zielmarke auf 45 Prozent. Ein ambitionierter Pfad, der nicht mehr nur von Zielen und Bekundungen getragen wird, sondern erstmals von einem durchgängig angepassten Rechtsrahmen. Die entscheidende Frage bleibt jedoch: Wird aus dieser Normendichte auch Planungssicherheit und tatsächliches Tempo?
Denn vieles, was die Novelle jetzt regelt, ist nicht grundlegend neu – aber es wird verbindlich. So galt der Ausbau der Erneuerbaren bereits seit dem sogenannten Osterpaket 2022 als „überragendes öffentliches Interesse“. Doch bisher beschränkte sich diese Einordnung im Wesentlichen auf das EEG. Jetzt ist dieser Vorrang systematisch in zahlreiche Rechtsbereiche übertragen worden: ins Bundesimmissionsschutzgesetz, ins Baugesetzbuch, ins Wasserhaushaltsgesetz, ins Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz – und wird dadurch auch im rechtlichen Detail zur handhabbaren Norm. Für Genehmigungsbehörden und Gerichte ist das ein deutlicher Hinweis: Im Zweifel ist der Ausbau erneuerbarer Energien nicht nur wünschenswert, sondern rechtlich privilegiert.
Wirklich neu – und potenziell folgenreich – ist das Instrument der sogenannten Beschleunigungsgebiete. Innerhalb dieser Zonen gelten nicht nur vereinfachte Genehmigungsverfahren, sondern auch konkrete Entscheidungsfristen.
Umweltverträglichkeitsprüfungen müssen inklusive Öffentlichkeitsbeteiligung innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen sein. Für Anträge nach dem BImSchG gilt eine Frist von sieben Monaten. Auch die Beteiligung von Fachbehörden wird jetzt verbindlich terminiert. Das alles war in Teilen bereits als Verwaltungspraxis erprobt – aber nun gibt es erstmals einen gesetzlichen Rahmen, der diese Verfahren absichert und durch Genehmigungsfiktionen sogar das Schweigen der Verwaltung sanktioniert.
Die Bundesländer geraten durch das Gesetz ebenfalls stärker in die Pflicht. Sie müssen nicht nur entsprechende Flächenziele erfüllen, sondern auch Beschleunigungsgebiete förmlich ausweisen und kartieren. Was früher politische Zusage war, wird jetzt rechtliche Verpflichtung. Wer Ausbauziele erreichen will, muss planungsrechtlich liefern.
Ein weiteres Element mit praxisnaher Relevanz ist die Neuregelung des Repowerings. Wenn bestehende Anlagen durch leistungsstärkere ersetzt werden, kann künftig auf eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden – sofern keine zusätzlichen erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Damit wird eine Unsicherheit beseitigt, die viele Modernisierungsprojekte bislang ausgebremst hat.
Auch im Umgang mit artenschutzrechtlichen Bedenken verschiebt sich die Gewichtung. In den Beschleunigungsgebieten soll ein pauschales Blockieren durch unklare Prüfanforderungen künftig nicht mehr möglich sein. Der Eingriff in bestimmte Schutzgüter muss konkret belegt und beurteilt werden. Das wird zwar nicht zu einem Wegfall des Artenschutzes führen – aber die Beweislast liegt nun deutlich klarer bei der Behörde.
Fazit: Die Umsetzung der RED III bringt nicht den großen Umbruch, sondern etwas Subtileres – einen fundamentalen Ordnungswechsel im Detail. Was zuvor politisch gewollt, aber rechtlich zerfasert war, wird jetzt zusammengeführt und verankert. Für Betreiber und Projektierer bedeutet das mehr Klarheit, bessere Justiziabilität – und idealerweise auch mehr Tempo. Ob das gelingt, hängt jedoch weniger vom Gesetz ab als von seiner Anwendung. Denn in vielen Genehmigungsbehörden herrschen weiterhin Personalengpässe, Kompetenzgerangel und Unsicherheit im Umgang mit komplexen Abwägungen. RED III kann beschleunigen. Aber es wird nur dann wirken, wenn das System, in dem es wirken soll, auch mitzieht.
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