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Zwei Studien, zwei Welten – und die Frage, wohin die Energiewende steuert

Verkehrsschild mit den Labels Atomenergie und Ökostrom

Wenn es um die Zukunft unseres Energiesystems geht, stehen derzeit zwei Deutungen nebeneinander, die kaum unterschiedlicher sein könnten. Auf der einen Seite der Monitoringbericht von Energieministerin Reiche, der stark von den großen Versorgern geprägt ist und ein zentralistisches Bild zeichnet. Auf der anderen Seite eine von Enpal B.V. beauftragte und von der Roland Berger GmbH erstellte Studie, die eher den Blickwinkel der Erneuerbaren-Branche einnimmt und dezentrale Strukturen in den Vordergrund stellt. Beide beanspruchen, den richtigen Weg zur sicheren und bezahlbaren Energiewende zu weisen – doch wer liegt näher an der Realität?

Die Perspektive des Monitoringberichts
Der Monitoringbericht betont die Rolle zentraler Strukturen. Versorgungssicherheit, Netzstabilität und ein groß angelegter Netzausbau stehen im Mittelpunkt. Er geht davon aus, dass die zunehmende Volatilität durch Wind und Sonne nur durch leistungsfähige Übertragungsnetze, Reservekraftwerke und zentrale Steuerung zuverlässig beherrschbar bleibt. Investitionen in Milliardenhöhe werden in diesem Szenario nicht als Problem, sondern als notwendige Voraussetzung gesehen. Preislich wird hier davon ausgegangen, dass durch starke Netze Engpässe vermieden und extreme Preisausschläge gedämpft werden können – auch wenn die Kosten für den Netzausbau langfristig in die Netzentgelte und damit in die Strompreise einfließen.

Die Perspektive der Enpal-Studie
Demgegenüber vertritt die Enpal-Studie ein dezentrales Leitbild. Sie argumentiert, dass Verbraucher und Unternehmen selbst zu aktiven Gestaltern werden: durch Photovoltaik auf den Dächern, Batteriespeicher im Keller, Wärmepumpen im Heizungskeller und Elektroautos, die als mobile Speicher dienen können. Hier liegt der Fokus auf einer Reduzierung der Abhängigkeit vom Großhandelspreis: Wenn ein großer Teil des Stroms lokal erzeugt und verbraucht wird, sinkt die direkte Exposition gegenüber volatilen Marktpreisen. Allerdings könnte ein stark dezentralisiertes System neue Preisstrukturen hervorbringen – etwa durch regionale Unterschiede, die stärker zum Tragen kommen.

Wo könnte der Monitoringbericht falschliegen?
Die Schwäche der zentralistischen Perspektive liegt darin, dass sie kleinteilige Innovationen unterschätzt. Technologien wie Heimspeicher, Lastmanagement oder lokale Energiegemeinschaften entwickeln sich dynamisch. Wer zu sehr auf „Großprojekte“ setzt, läuft Gefahr, in Strukturen zu investieren, die in 10 bis 15 Jahren durch dezentrale Lösungen teilweise überflüssig wirken. Zudem könnte der versprochene Preiseffekt nach hinten losgehen: Milliardeninvestitionen in Netze verteuern die Netzentgelte und damit die Gesamtkosten – auch wenn die Großhandelspreise stabiler bleiben.

Wo könnte die Enpal-Studie falschliegen?
Die dezentrale Sicht hingegen neigt dazu, Komplexität und Koordinationsbedarf zu unterschätzen. Viele kleine Anlagen bedeuten nicht automatisch Systemstabilität. Ohne ausreichende zentrale Backup-Kapazitäten drohen im Extremfall starke Preisausschläge in Zeiten von Dunkelflauten. Auch die Vorstellung, dass dezentrale Strukturen automatisch zu günstigeren Preisen führen, ist nicht sicher: Speicher, IT-Infrastruktur und Koordinationskosten müssen sich ebenfalls in der Preisbildung niederschlagen.

Preiswirkungen im Vergleich
Im Kern stehen zwei gegensätzliche Effekte:

  • Das zentrale Modell setzt auf stabile Großhandelspreise durch Netzausbau und Marktkopplung – dafür drohen langfristig höhere Netzentgelte.
  • Das dezentrale Modell setzt auf lokale Autonomie und Preisunabhängigkeit – dafür drohen größere Preissprünge in Engpasszeiten sowie mögliche regionale Ungleichgewichte.

Wichtig ist dabei: Diese Einschätzungen beruhen auf Annahmen, die sich in der Praxis schnell ändern können – je nachdem, wie schnell Speicher ausgebaut werden, wie Regulierung auf Preisspitzen reagiert oder ob neue Marktmechanismen greifen. Verlässliche Preisprognosen sind deshalb heute kaum möglich; beide Szenarien haben blinde Flecken. Sicher ist nur, dass sich die Marktpreiseffekte erst im Zusammenspiel von Netzausbau, Flexibilitätsoptionen und Verbraucherverhalten zeigen werden.

Zwei Blickrichtungen, ein Ziel
Beide Ansätze spiegeln also eher eine Gewichtung wider als eine absolute Wahrheit. Wahrscheinlich wird die Zukunft ein hybrides Modell erfordern: starke Netze, um regionale Unterschiede im Erzeugungsprofil auszugleichen, aber zugleich eine breite Dezentralisierung, um Flexibilität, Akzeptanz und regionale Wertschöpfung zu sichern. Der eigentliche Streitpunkt ist damit weniger die Frage „zentral oder dezentral?“, sondern das „Wie viel von welchem?“

Fazit
Die Diskussion zeigt, dass es keine einfache Lösung gibt. Der Monitoringbericht warnt vor Instabilität, wenn das System zu fragmentiert wird. Die Enpal-Studie mahnt, dass ein Festhalten an zentralistischen Denkmustern Chancen verbaut und Kosten in die Höhe treibt. Für den Marktpreis heißt das: Stabilität wird es nicht umsonst geben – egal ob über den Netzausbau oder über Speicher- und Dezentralitätskosten. Wer die Energiewende erfolgreich gestalten will, muss beide Seiten im Blick behalten – und gleichzeitig anerkennen, dass Preisprognosen heute unsicherer sind als je zuvor.

Links (extern):

EWI Studie

Roland Berger Studie

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