Alle zwei Jahre legt die Monopolkommission ein Gutachten zum Energiemarkt vor. Die aktuelle Ausgabe „Energie 2025“ widmet sich unter anderem der Frage, wie die Netzentgelte künftig gestaltet sein sollten. Netzkosten gehören inzwischen zu den größten Preistreibern im Stromsystem, und die Kommission sieht hier erheblichen Reformbedarf.
Nach ihrer Analyse spiegeln die heutigen Netzentgelte kaum wider, wie belastet das Stromnetz tatsächlich ist. Die Preise orientieren sich überwiegend an Jahreswerten, während Engpässe oder regionale Unterschiede im täglichen Netzbetrieb kaum eine Rolle spielen. Gleichzeitig steigen die Kosten für Redispatch und Netzbetrieb seit Jahren. Die Kommission macht deutlich, dass die Anreizwirkung der heutigen Entgelte dafür schlicht nicht ausreicht.
Deshalb diskutiert das Gutachten, wie Netzentgelte zeitlich und regional stärker an die tatsächlichen Netzverhältnisse angepasst werden könnten. Die Kommission verfolgt keinen radikalen Systemwechsel. Sie schlägt vor, vorhandene Strukturen zu erweitern, statt das Marktdesign von Grund auf umzubauen. Als Einstieg werden eher einfache Modelle mit wiederkehrenden Hoch- und Niedrigtarifzeiten beschrieben. Langfristig könnte daraus ein System entstehen, in dem Netzentgelte stärker auf die erwartete Netzbelastung reagieren – etwa im Viertelstundentakt. Dass dies nur mit einem weitgehend abgeschlossenen Smart-Meter-Rollout möglich wäre, wird im Gutachten ausdrücklich betont.
Auch die regionale Ebene wird behandelt. Die Kommission hält es für sinnvoll, dass Verteilnetzentgelte weiterhin regional unterschiedlich bleiben. Eine bundesweite Vereinheitlichung würde zwar manche Regionen entlasten, aber den Blick auf die tatsächlichen Netzkosten verzerren. Stattdessen schlägt das Gutachten vor, gezielt dort zu unterstützen, wo hohe Netzausbaukosten durch erneuerbare Energien entstehen, ohne die grundsätzliche Kostenorientierung aufzugeben.
Ein besonders weitreichender Vorschlag betrifft die Stromerzeuger. Heute zahlen Einspeiser keine Netzentgelte. Die Kommission sieht darin einen Schwachpunkt, weil der Standort einer Erzeugungsanlage erheblichen Einfluss auf den Netzausbaubedarf haben kann. Vorgeschlagen wird deshalb ein eigenes Netzentgelt für neue Anlagen ab 5 MW – eine sogenannte G-Komponente. Damit würden Erzeuger an den Netzkosten beteiligt. Gleichzeitig betont das Gutachten, dass dies nur für Neuanlagen gelten sollte, um bestehende Investitionen nicht zu gefährden.
Schließlich geht es auch um die Struktur der Entgelte für Haushalte, Unternehmen und Speicher. Die Kommission empfiehlt eine Zweiteilung: Ein leistungsbezogener Preis soll die Netzinfrastruktur finanzieren, während ein zusätzlicher Arbeitspreis als flexibles Preissignal dient. Dieser variable Anteil soll nur der Steuerung dienen und nicht den Gesamterlös erhöhen. Damit soll vermieden werden, dass dynamische Entgelte als neue Einnahmequelle missverstanden werden.
Insgesamt bleibt die Monopolkommission realistisch. Viele der Vorschläge setzen technische und organisatorische Voraussetzungen voraus, die heute noch nicht überall gegeben sind. Das Gutachten ist deshalb keine fertige Reform, sondern eher ein Wegweiser. Es zeigt, wohin sich die Entgeltsystematik aus Sicht der Kommission entwickeln könnte und welche Schritte dafür notwendig wären.
Für die Praxis bedeutet das Gutachten vor allem eine Einordnung: Netzentgelte werden sich verändern, und die Weichen dafür werden gerade gestellt. Die Kommission beschreibt, wohin die Entwicklung gehen kann und welche Voraussetzungen noch geschaffen werden müssen. Wer heute plant oder investiert, bekommt damit zumindest einen Eindruck, welche Themen in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen dürften.



